Mittwoch, 31. August 2011

Jetzt verschwindet 60-Watt-Birne

Zum 1. September kommt das Aus in der EU für verschwenderische 60 Watt-Birnen - das gilt auch für die Schweiz. Die Stiftung Warentest prüft die Alternativen und kürt zwei - relativ teure - LED-Lampen zum Testsieger. Vor allem Gerüchte verhindern bislang die breite Durchsetzung von Energiesparlampen.

Der nächste Schritt des EU-Verbots für Glühbirnen steht an: Ab kommenden Donnerstag - dem 1. September - sollen 60 Watt-Birnen aus dem Handel verschwinden. Die Zeitschrift Stiftung Warentest hat aus diesem Anlass Alternativen getestet [1]. Drei Möglichkeiten stehen dem Verbraucher zur Verfügung: Kompaktleuchtstoffröhren ("gewöhnliche" Energiesparlampen), LED-Lampen und Halogenlampen (die allerdings ebenfalls sehr ineffizient sind). Die LEDs haben dabei inzwischen die Nase vorn, sind jedoch noch sehr teuer.

Testsieger bei der Stiftung Warentest sind LED-Lampen von Philipps [2] und von Osram [3] - in Punkto Lichtausbeute und Lebensdauer übertreffen sie die Konkurrenz. Für die MyAmbience von Philipps mit 12 Watt zahlt man knapp über 50 Euro, der Testsieger von Osram, die Parathom Pro Classic A 80, ist im Moment noch nicht im Handel erhältlich.

Vorteil der LEDs: Sie enthalten kein Quecksilber und sind auch problemlos dimmbar. Wem die LED-Leuchten bislang zu teuer sind, der kann weiterhin auf "gewöhnliche" Energiesparlampen, sogenannte Kompaktleuchtstoffröhren, setzen. Hier hat eine Osram Duluxstar am besten abgeschnitten - sie ist im Handel für zwei bis drei Euro erhältlich. Die etwas höheren Anschaffungskosten amortisieren sich hier schnell durch den eingesparten Strom und die längere Lebensdauer.

Nach wie vor Schwierigkeiten bereiten den Energiesparlampen eine Vielzahl von Gerüchten [4] und Halbwahrheiten [5]. So ist oft zu hören, Energiesparlampen enthalten hohe Mengen Quecksilber und seien daher umweltschädlich. Richtig ist: Kompaktleuchtstoffröhren enthalten etwa drei Milligramm Quecksilber. Zum Vergleich: Alte Fieberthermometer, die seit 2009 verboten sind, enthielten bis zu 150 Milligramm an Quecksilber - eine tödliche Dosis. Der Grenzwert für Energiesparlampen liegt zur Zeit bei fünf Milligramm - immer wieder gibt es einzelne schwarze Schafe, die sich nicht an die Grenzwerte halten. So hat die Deutsche Umwelthilfe etwa aufgedeckt, dass der Baumarkt Hornbach kürzlich Lampen mit bis zu 15 Milligramm Quecksilber im Angebot hatte [6].

Um das Quecksilber fachgerecht zu recyclen, ist eine gesonderte Entsorgung von Energiesparlampen ratsam. Bislang steht Deutschland da vergleichsweise schlecht da: Nur 37 Prozent werden fachgerecht entsorgt, der Rest landet im Hausmüll. Die Deutsche Umwelthilfe schlägt daher vor, dass alle Geschäfte, die Energiesparlampen verkaufen, diese auch zurücknehmen müssen [8] - bislang ist das nur bei wenigen Geschäften der Fall.

Doch selbst wenn die Leuchten im Hausmüll landen: Besser als eine Glühbirne schneiden sie in der Umwelt- und auch in der Quecksilberbilanz allemal ab.
Denn die Stromerzeugung in Deutschland - nach wie vor zu über 40 Prozent aus Kohlekraftwerken - belastet die Umwelt ebenfalls mit Quecksilber. Der durch Energiesparlampen eingesparte Strom erspart der Umwelt mehr Quecksilber, als in ihnen enthalten ist.

Bleibt noch die direkte Belastung, wenn eine Energiesparlampe zu Bruch geht. Das Öko-Institut empfielt in diesem Fall ausgiebiges Lüften [10] - und betont, dass auch hier die Gesundheitsgefahr gering ist. Eine weitere gute Nachricht für den Verbraucher: Immer mehr Hersteller setzen auf gebundenes Quecksilber in Form von Amalgam - dadurch wird verhindert, dass Quecksilber entweicht, wenn eine Energiesparlampe zu Bruch geht.

Im Text verwendete Links:

http://www.test.de/themen/haus-garten/test/Sparlampen-Testsieg-fuer-LEDs-4269907-4269941/
http://www.philips.at/c/-/myambiance-12-w-60-w-warmweiss-mit-e27-sockel-872790091838000/prd/
http://www.osram.de/osram_de/Presse/Publikumspresse/2011/110825_Stiftung_Warentest.html
http://www.klima-luegendetektor.de/2010/04/23/taz-blackout-bei-energiesparlampen/
http://www.klimaretter.info/nachrichtensep/wohnen-nachrichten/2682-o-test-eckt-wegen-energiesparlampen-an
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2663
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bombeta_de_Llum.JPG
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2660
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pouring_liquid_mercury_bionerd.jpg
http://oeko.de/presse/pressemitteilungen/dok/1230.php

Link zum Artikel:
http://www.klimaretter.info/wohnen/hintergrund/9252-die-alternativen-zur-60-watt-gluehbirne

Text: Hanno Böck

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Energieagentur vollzieht Wende

Es gibt viele Vorhersagen zur wachsenden Bedeutung der Solarenergie im Speziellen und der Erneuerbaren im Allgemeinen. Doch was jetzt die Internationale Energieagentur (IEA) verlauten lässt, ist nach deren früheren Einschätzungen erstaunlich. Sagte sie doch stets eine anhaltende Vormachtstellung der fossilen Energieträger voraus – jetzt erfolgt ein radikaler Kurswechsel.

Gemäss der Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) wird Energie aus Photovoltaik- und Solarthermiekraftwerken bis zum Jahr 2060 demnach rund 60 Prozent des weltweiten Strombedarfs decken und damit zur wichtigsten Energiequelle. Die IEA bestätigte ihre neue Vorhersage vorab gegenüber der Fachzeitschrift PHOTON. Die zugrunde liegende Solarstudie wird allerdings erst im November 2011 erscheinen. Bisher war die Energieagentur davon ausgegangen, dass Solarstrom bis zum Jahr 2050 lediglich etwa 21 Prozent des globalen Energiehungers stillen kann.

Bloomberg meldet derweilen, dass die IEA auch für den restlichen Weltenergiebedarf den anderen Erneuerbaren die entscheidende Rolle zuerkennt: Windenergie, Wasserkraft und Biomasse kommen dafür in Frage. Cédric Philibert, Senioranalyst in der Abteilung Erneuerbare Energien der IEA (siehe Bild)sagte gegenüber der Wirtschaftsagentur: «Photovoltaik und Solarthermie (im Grossen wie im Kleinen) werden zur weltweit wichtigsten Energiequelle. Und das bei insgesamt deutlich erhöhter Stromproduktion.» Und Philibert weist auch auf die Bedeutung der Entwicklung für die Klimafrage hin: Er stellt eine 90prozentige Senkung des CO2-Ausstosses der Energiebranche nach der Wende in Aussicht. Er wird seine Erkenntnisse anfangs September an einer Energiekonferenz im deutschen Kassel detaillierter umreissen. Die umfassenden neuen Erkenntnisse der IEA, die einem echten Paradigmenwechsel gleichkommen, werden also gegen Ende des Jahres als eigenständige Solarstudie veröffentlicht. Mit der Vorhersage verbunden wirdn seitens der Organisation mit Sitz in Paris die Aufforderung, von den hervorragenden Renditeaussichten künftiger Projekte zur Nutzung Erneuerbarer Energien Gebrauch zu machen. Bloomberg selbst weist darauf hin, dass die 17 Einzelanlagen Bloomberg Large Solar Energy Index derzeit einen Marktwert von 27 Milliarden $ aufwiesen – gegenber dem rund 100mal grösseren Marktvolumen des MSCI World Energy Index’s mit 119 enthaltenen Unternehmen.

Quellen: PHOTON Europe GmbH / Bloomberg

© Solarmedia

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Dienstag, 30. August 2011

D: 20 % Prozent als Grosserfolg

Im ersten Halbjahr 2011 stammten in Deutschland mehr als 20 Prozent des gewonnenen Stroms aus grüner Energie - so viel wie nie (siehe auch Spiegel 29. August). Laut einer Umfrage steht gleichzeitig die Mehrheit der Bürger hinter der Energiewende im nördlichen Nachbarland.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (siehe Bild) hat das Überschreiten der 20-Prozent-Marke beim Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung im ersten Halbjahr 2011 als einen sichtbaren Beweis für die Zukunftsfähigkeit einer nachhaltigen Energieversorgung begrüßt. „Das solide Wachstum der Erneuerbaren Energien ist ein großer Erfolg und bekräftigt die Bundesregierung in ihrem energiepolitischen Kurs. Seit rund einem Jahr ist klar, dass wir konsequent und berechenbar auf Erneuerbare Energien setzen. Die damit verbundene Investitionssicherheit zahlt sich jetzt aus. Die aktuellen Zahlen der Energiewirtschaft und neueste Umfragen bei den Stromkunden zeigen, dass die Botschaft sowohl bei den Investoren als auch bei der Bevölkerung angekommen ist. Investitionen in erneuerbare Energien sind sicher und sie sind Investitionen in eine zukunftsfähige Energieversorgung“, sagte der Bundesumweltminister.

Die derzeitigen Investitionen in den Ausbau der erneuerbaren Energien belegen, dass die Erneuerbaren Energien mittlerweile eine stabile und solide wachsende Energiequelle geworden sind. Insbesondere durch die vielfältigen Formen und technologischen Möglichkeiten der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen sind deutsche Unternehmen weltweit Vorreiter“, so Röttgen. Mit der Verabschiedung der Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes vor der Sommerpause hat die Bundesregierung unterstrichen, dass sie den Weg des Ausbaus und der zunehmenden System- und Marktintegration der Erneuerbaren Energien konsequent weiter beschreiten wird. Und das sind die neuesten Zahlen - die auch ein Überflügeln der Wasserkraft durch die photovoltaische Sromerzeugung zeigen, demnach setzt sich der Strommix seitens der Erneuerbaren wie folgt zusammen:
- zu 7,5 Prozent Anteil an der Gesamtstromerzeugung in Deutschland aus der Windkraft,
- zu 5,6 Prozent aus Biomasse,
- zu 3,5 Prozent aus Photovoltaik,
- zu 3,3 aus Wasserkraft
- zu 0,8 Prozent aus Müllkraftwerken und sonstigen Quellen.

Der Bundesumweltminister sieht sich auch durch eine gleichzeitig bekannt gewordene Studie zur Akzeptanz der Erneuerbaren Energien im Kurs bestätigt. „Die Bürger befürworten die Energiewende und sie sind auch bereit, die Kosten dafür zu tragen. Wenn 94 Prozent der Befragten den weiteren Ausbau der Erneuerbaren für wichtig halten und wenn fast 80 Prozent auch die derzeitige EEG-Umlage für angemessen halten, dann ist das eine erfreuliche Bestätigung und Bekräftigung unseres energiepolitischen Wachstumskurses“, so Röttgen.

Weitere Informationen zu den Ergebnissen der Umfrage von TNS Infratest unter www.unendlich-viel-energie.de, zu aktuellen Zahlen über erneuerbare Energien im BMU-Internetangebot unter www.erneuerbare-energien.de/inhalt/2720/

Quelle: Deutsches Bundesministerium für Umwelt

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2012 Jahr der Erneuerbaren

Die UNO Ende des vergangenen Jahres 2012 zum Internationalen Jahr der erneuerbaren Energie für alle erklärt.

Erdöl ist der mit Abstand wichtigste Energieträger der Welt. Industriell gefördert wird es erst seit 1859, also seit gut 150 Jahren. In dieser aus historischer Sicht relativ kurzen Zeit hat der billige und stete Zufluss von Energie unsere Welt fundamental verändert. In den industrialisierten Ländern der Welt wurde der Wohlstand enorm erhöht. Zudem bildete das Erdöl in vielen Fällen die Basis für die Produktion und den Transport einer Vielzahl von materiellen Gütern. In den nächsten 20 Jahren ist der Höhepunkt der Erdölfunde allerdings voraussichtlich erreicht. Es ist ungewiss, wie der Energiehunger der Welt danach gestillt werden soll. Zwei entgegengesetzte Herausforderungen stellen sich:
- Für den wirtschaftlich-sozialen Fortschritt und die Erreichung der Millenium Develppment Goals (MDG) ist eine angemessene Energieversorgung entscheidend. Weltweit leben rund zwei Milliarden Menschen ohne Elektrizität.
- Die Weltgemeinschaft muss ihren Kohlendioxid-Ausstoss wegen des Klimawandels drastisch reduzieren.

Erneuerbare Energien sind von entscheidender Bedeutung, um die Welt auf einen sichereren, zuverlässigeren und nachhaltigeren Energiepfad zu führen. Das Potenzial ist zweifellos immens, aber wie schnell ihr Anteil bei der Deckung des globalen Energiebedarfs wächst, hängt kritisch von der Stärke staatlicher Unterstützungsmassnahmen ab. Diese werden entscheidend dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit von erneuerbaren Energieträgern zu erhöhen und technologische Weiterentwicklung zu fördern. Das Bild zeigt Windanlagen in Brasilien - Foto: Martin Enkelmann. Die Möglichkeiten einer stärkeren Nutzung der erneuerbaren Energien sind - absolut betrachtet - in der Stromerzeugung am grössten. Im Szenario der neuen energiepolitischen Rahmenbedingungen verdreifacht sich die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zwischen 2008 und 2035. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Weltstromerzeugung erhöht sich in diesem Zeitraum von 19% auf beinahe ein Drittel und schliesst damit zur Kohle auf. Dieser Anstieg geht in erster Linie auf Wind- und Wasserkraft zurück, wobei Wasserkraft in der Referenzperiode dominant bleibt.

Die Stromerzeugung durch Photovoltaik-Anlagen nimmt rasch zu, obgleich ihr Anteil an der Weltstromerzeugung 2035 nur ca. 2% erreicht. Der Anteil moderner, erneuerbarer Energien an der Wärmeerzeugung in der Industrie und im Gebäudesektor steigt von 10% auf 16%. Die Nutzung von Biokraftstoffen erhöht sich zwischen 2008 und 2035 um mehr als das Vierfache, und liefert am Ende der Referenzperiode 8% des im Strassenverkehr benötigten Kraftstoffs (gegenüber 3% heute).

Quelle: Schweizerische Unesco-Kommission

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Montag, 29. August 2011

Kommen wir da noch raus?

Ja, sagt der britische Intellektuelle Tom Hodgkinson. Wir leben zwar im falschen System, aber wir könnten auch anders.

Pause machen und Tee trinken: Tom Hodgkinson

Pause machen und Tee trinken: Tom Hodgkinson

An diesem Augustabend sind die Regenwolken tiefdunkel und bedrohlich. Ein Traktor älterer Bauart tuckert mit 25 Meilen pro Stunde vor uns her. Überholen unmöglich, wir befinden uns auf einer einspurigen Straße in Devon, einer wilden, wunderschönen Gegend drei Stunden westlich von London. Wenn die Bauern ihre Heuernte nicht heute Abend noch einbringen, müssen sie tage-, vielleicht wochenlang warten, bis die Ballen wieder getrocknet sind. Man kann sich eben nicht immer aussuchen, zu welcher Tageszeit man arbeitet.

Tom Hodgkinson, 43, Journalist, Buchautor, Intellektueller, den ich an diesem stürmischen Abend besuchen will, würde die Notwendigkeiten, die Wind, Wetter und Jahreszeiten mit sich bringen, verstehen, ja gutheißen – und dies, obwohl er ein erklärter Feind der Arbeit ist. How To Be Idle (Anleitung zum Müßiggang) heißt sein Bestseller von 2004, und wenn Hodgkinson für irgendetwas Experte ist, dann für den Ausstieg aus dem Hamsterrad der spätkapitalistischen Wirtschaftsweise. Seine Botschaft, seine Mission, sein Produkt: radikale Systemkritik.

Toms 200 Jahre altes Farmhaus ist aus grauem Granit erbaut und liegt unterhalb eines Höhenzuges, der steil zum Atlantik hin abfällt. Es gibt keinen Handyempfang und auch keine Straßenbeleuchtung in diesem Flecken aus fünf Höfen und einer Kirche. Die einzige Helligkeit dringt aus dem Küchenfenster des Farmhauses. Und dort in der Küche kann man Hodgkinson betrachten wie auf einer erleuchteten Bühne: einen schlanken, dunkelhaarigen Mann in Jeans und T-Shirt, der in aller Seelenruhe allein am Wohnküchentisch sitzt, vor sich ein Pintglas voll Ale und alle Zeit der Welt. Falls er bemerkt, dass zwei seiner drei Kinder (Delilah, neun, und Henry, sechs Jahre alt) zu dieser späten Stunde aufgeregt aus einem Fenster des Obergeschosses spähen, ignoriert er das überzeugend. Kein Wunder. Die zentrale These seines Erziehungsratgebers The Idle Parent (Leitfaden für faule Eltern, rororo, März 2011) lautet, dass die beste Erziehungsstrategie weise Nichteinmischung sei.

Hodgkinsons politischer Standpunkt ist nicht ganz leicht zu fassen: Er selbst bezeichnet sich als Anarchisten, er ist aber zugleich unhintergehbar ein Produkt der oberen englischen Mittelklasse. Seine Eltern sind erfolgreiche Londoner Journalisten (Daily Mail, Times, Sunday People). Mit Westminster besuchte er eine der teuersten Privatschulen Englands (30.000 Pfund im Jahr), danach studierte er Englische Literatur an der Eliteuniversität Cambridge. Seine Kinder lernen Latein von einem pensionierten Lehrer – privat und über Skype, weil die örtlichen Schulen die alte Sprache nicht mehr anbieten. »Stattdessen haben sie ›Wohlbefinden‹ und ›Informationstechnologische Kompetenzen‹ auf dem Lehrplan«, lästert ihr Vater.

Seit 1993 gibt Tom Hodgkinson eine Halbjahresschrift heraus, die in England jedenfalls unter Linksliberalen Kultstatus erlangt hat: den Idler, den Müßiggänger. Ein vergleichbarer Titel wäre im deutschen Markt einigermaßen schwer vorstellbar. Die Thesen, die Hodgkinson in seiner Zeitschrift und in seinen Büchern diskutiert und diskutieren lässt, sind auf eine ausgesprochen fröhliche (und in Deutschland ebenfalls kaum vorstellbare) Weise kulturkonservativ. »Der Zweck dieses Buches«, schreibt er in seinem Vorwort zu How To Be Idle, »ist es... die Arbeitskultur der westlichen Welt anzugreifen, die so viele von uns versklavt, demoralisiert und deprimiert hat.«

»Unsere Gesellschaft«, sagt Hodgkinson – da hat er mir gerade ein Bier eingeschenkt, eine Pizza in den Holzofen geschoben, vier Labradorwelpen aus der unglaublich schmutzigen Küche geworfen und ein etwas mickriges Hühnerküken im Brutkasten aufmunternd angestupst –, »unsere Gesellschaft leidet an Gier, Konkurrenz, einsamem Streben, Grauheit, Schulden, McDonald’s und GlaxoSmithKline. Wir leben im falschen System. Wir müssen uns befreien von Sorgen, Angstzuständen, Hypotheken, Geld, Schuldgefühlen, Schulden, Regierungen, Langeweile, Supermärkten, Rechnungen, Melancholie, Schmerz, Depressionen und Verschwendung.«

Chefs, Karrieredenken, Finanzmärkte und politisch korrekter Fortschrittsglaube sind Hodgkinson zuwider, und er bemüht den zum Katholizismus konvertierten Autor Gilbert Keith Chesterton (1874 bis 1936; berühmt für seine Kriminalgeschichten über den sympathischen Helden Father Brown) als einen von vielen Kronzeugen dafür, dass die Anweisungen für das gute Leben eher in der Vergangenheit als in der Zukunft zu finden seien. »Wir können entweder rückwärts schreiten in Richtung Freiheit«, schrieb Chesterton mit Blick auf die moderne Industriegesellschaft, »oder vorwärts in Richtung Sklaverei.«

Hodgkinson verehrt das Mittelalter als eine Zeit der Fröhlichkeit, der ganzheitlichen, nicht entfremdeten Arbeit, des stolzen Handwerkertums, der Gilden, der heilen Dorfgemeinschaft, der jahreszeitlichen Feste ums flackernde Kaminfeuer oder um den Maibaum. Ohne Zweifel eine ganz und gar unverantwortliche, historisch falsche Idealisierung, die Schmutz, Krankheit, Brutalität, Hunger, Not, Unterdrückung und Unwissenheit schlicht ausblendet. Aber: Diese Verklärung einer fernen, besseren Vergangenheit hat in England Tradition, nicht die schlechteste: von der Arts-and-Crafts-Bewegung des Sozialisten William Morris (1834 bis 1896) über die Ästhetik der Präraffaeliten (Maler wie Dante Gabriel Rossetti, John Everett Millais oder Edward Burne-Jones) bis zu populären Autoren wie dem bereits erwähnten Chesterton, zu J. R. R. Tolkien (Der Herr der Ringe), Kenneth Grahame (Der Wind in den Weiden) oder Richard Adams (Watership Down).

Das Gefühl, dass eine teuflische Kombination aus Puritanismus und industrieller Revolution das »alte England« ruiniert und verwüstet habe, ist ein Grundmotiv der britischen Literatur. Die moderne Fixierung des Landes auf Finanzdienstleistungen macht nichts besser: Sie hat nur die trostlose Fabrik gegen das trostlose Büro ausgetauscht. Und wer sich in den heruntergekommenen Zentren ehemaliger Industriestädte wie Manchester oder Birmingham umschaut (oder in den Londoner Stadtteilen Tottenham, Lewisham, Hackney und Croydon, wo jüngst die Krawalle eines deklassierten Jugendproletariats tobten), der mag sich schon fragen, ob das Mittelalter wirklich so viel schlimmer gewesen sein kann.

Hodgkinsons erklärte Feinde sind jedenfalls die Puritaner – zum Beispiel der Reverend John Clayton, der 1755 in seinem »Freundlichen Rat an die Armen« frühes Aufstehen als wichtigste Strategie gegen Not empfahl; oder der Methodist John Wesley, der allzu langen Schlaf als gesundheitsschädlich diffamierte; besonders natürlich der amerikanische Verfassungsvater Benjamin Franklin, dem der Aphorismus »Early to bed and early to rise / makes a man healthy, wealthy and wise« zugeschrieben wird. Eine ebenso steile wie fragwürdige These, aber bis heute wirksam und verantwortlich dafür, dass frühes Zubettgehen und harte Arbeit als tugendhaft und gottgefällig gelten. Alles nur Ideologie, um die Armen in die Fabriken zu treiben, meint Hodgkinson: Daher sein Eintreten für rebellische »Faulheit«, das natürlich eine Pose ist.

Hodgkinson selbst ist alles andere als faul: Neben seiner Herausgebertätigkeit, seinen Büchern, seiner sporadischen Kindererziehung, dem Holzhacken und der Bewirtschaftung seines »katastrophalen bäuerlichen Kleinbetriebs« betreibt er mit seiner Frau Victoria seit März einen Buchladen mit Café und Veranstaltungszentrum im szenig-etablierten Londoner Stadtteil Notting Hill. Der Laden könnte – samt Holzfußboden, Kirchenbänken, handgeschreinerten Regalen und Orientteppichen – direkt aus dem entsprechenden Film mit Hugh Grant und Julia Roberts stammen. Dort residiert auch die Idler Academy für gepflegtes Nichtstun, Camping, Stickarbeiten und mittelalterliche Musik (um nur einen Teil des Curriculums zu nennen). Es wird klar: Mit »Faulheit« meint Hodgkinson nur den Verzicht auf entfremdete Arbeit, Lohnsklaverei, Nine-to-Five-Jobs, Pendlerschicksale, Marketinggequatsche, Meetings, hastig verzehrte Sandwiches zum Mittagessen, Konsum als Trostpflaster für ein uneigentliches Leben und Schulden, um den Konsum zu bezahlen.

Tom Hodgkinson ist eine Art Jamie Oliver des Antikapitalismus. So wie Jamie den praktisch revolutionären Gedanken durchsetzte, dass jeder Einzelne die Chance hat, durch Kochen gegen die Fast-Food-Monokultur zu rebellieren, betrachtet Tom die Phänomene des spätkapitalistischen Alltags und fragt: Muss das so sein? Wer hat verfügt, dass die Arbeit am besten um neun Uhr morgens beginnt? Wer kann beweisen, dass moderne Kommunikationstechnologien Zeit sparen? Wer sagt, dass man Karriere machen und seine Kollegen in Grund und Boden konkurrieren muss? Wer hat den Tod des produktiven Zwei-bis-drei-Stunden-Mittagessens mit drei Martinis auf dem Gewissen? Wer hat den Mittagsschlaf verboten? Warum lassen wir uns schlecht behandeln, wenn wir unser Konto überzogen haben, obwohl die Bank sich just daran dumm und dämlich verdient? Und warum – warum? – kaufen wir von unserem eigenen, schwer verdienten Geld das Lieblingsinstrument aller Sklaventreiber: einen Wecker? Hodgkinsons Empfehlung gegen all diesen Wahnsinn lautet: Hört auf zu jammern! Kündigt eure Jobs, arbeitet frei oder in Teilzeit! Lernt ein Handwerk, gründet ein Geschäft, baut Gemüse an, zerschneidet eure Kreditkarten! Zieht aufs Land, wo alles billiger ist. Backt Brot, spielt Ukulele!

Die Einwände gegen dieses lebensreformerische Programm liegen auf der Hand: Ist es nicht, erstens, total naiv? Kann die Wirtschaft so funktionieren? Na bitte. Und ist es nicht, zweitens, auch zynisch – angesichts von Arbeitslosigkeit, sozialen Spannungen, der mangelnden Bildung vieler Jugendlicher, der Angst der Mittelschicht vor dem wirtschaftlichen Abstieg? Zum Naivitätsvorwurf sagt Hodgkinson, er sei das Gerede über »Realismus« und die »wirkliche Welt« einigermaßen leid. Was mache denn die »wirkliche Welt« aus: fette Gewinne für Geschäftsleute? Oder doch eher »Dichtung, Freunde, Natur, Gott«? Der zweite Vorwurf ist ihm zu sozialdemokratisch-paternalistisch. Prinzipiell hält er jeden Menschen für fähig, Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen. Selbstbestimmung hat freilich ihren Preis, und Hodgkinson benennt ihn klar: Grundlage für ein freies Leben ist radikaler Konsumverzicht.

Dabei geht es nicht darum, allen Vergnügungen zu entsagen – aber man darf sich von seinen falschen Bedürfnissen nicht überwältigen lassen. Das heißt: Weg mit Auto, teuren Reisen, iPods, Prada-Gürteln und vor allem: weg mit dem Fernsehapparat! »Das Medium ist die Botschaft«, sagt Hodgkinson, den kanadischen Medienwissenschaftler Marshall McLuhan zitierend. »Und die Botschaft lautet: Bleib in deinem seelentötenden Job, und verschleudere dann dein Gehalt und deinen Kredit für teuren Müll!« Für gehetzte Mittelschichtsangehörige, die der Last des kostspieligen Lebens überdrüssig sind, ist der Verzicht ohne Zweifel eine attraktivere Vorstellung als für Menschen, die immer mit jedem Penny rechnen mussten. Aber wird das Konzept des individuellen Downsizing dadurch falsch? Auch wer sehr wenig hat, kann vermutlich besser in einer Gesellschaft leben, die Materielles nicht allzu sehr vergötzt.

Am nächsten Morgen zeigt sich: Das Brutkastenküken hat leider die Nacht nicht überstanden. Delilah und Henry tragen das mit Fassung, sie haben schon gelernt, dass eine Farm kein Disneyland ist. Zum Frühstück gibt es, selbstverständlich, frisch gebackenes Brot und Eier von den eigenen Hühnern. Noch immer beschäftigt uns die Frage, ob Toms Ideen nicht vor allem luxuriöse Mittelklassefantasien sind: Offenkundig haben es ja Schriftsteller, Künstler und alle Arten von Freiberuflern leichter, ein Leben außerhalb des Systems zu wagen, als Verkäuferinnen, Busfahrer, Call-Center-Mitarbeiter oder Polizisten. Viele, gerade besonders harte oder besonders langweilige Arbeiten erfordern nun einmal körperliche Anwesenheit. Doch auch wer auf diese Art von Broterwerb angewiesen ist, gewinnt größere Freiheit, wenn er sich nicht für einen Flachbildschirm in zusätzliche Schuldknechtschaft begibt.

Und würde nicht eine nennenswerte Idler-Bewegung die Arbeitsbedingungen auch für alle anderen verbessern – weil Arbeitgeber lernen müssten, dass nicht mehr jeder Mitarbeiter unter den abenteuerlichsten Bedingungen zu haben ist? Hodgkinson sieht sich oft dem Vorwurf ausgesetzt, er sei privilegiert, für ihn sei es ja leicht. Womöglich. Aber warum machen es dann nicht mehr Privilegierte wie er? Im Übrigen wird er nicht müde zu betonen, dass er jeden Penny, den er ausgibt, selbst verdient hat. Das alte Haus in Devon mietet er, weil seine Familie dort für einen Bruchteil des Geldes leben kann, das sie in London ausgeben müsste. Das – zum Teil sehr charmante – Mobiliar stammt überwiegend von Flohmärkten. Die langen Bänke am Küchentisch fand Hodgkinson in einem Nebengelass der Kirche.

Sein Programm könnte unerträglich sein, wenn er dabei asketisch und entsagungsvoll aufträte. Aber genau das tut er nicht: gutes Essen, gutes Trinken, gute Bücher, Freunde und Feste stehen im Zentrum seiner Ideen. Es geht ihm um eine Konzentration auf das Wesentliche. Und er behauptet, dass man sich all dies relativ mühelos leisten könne, wenn man sich von der Plastikwelt abwende, Bücher secondhand kaufe und sein eigenes Gemüse anbaue.

Außerdem ist er herrlich inkonsequent. In seiner Buchhandlung gibt es Idler-Merchandising: Buttons, Becher mit Slogans, T-Shirts mit dem Aufdruck »Work Kills« – seine Kritiker sehen darin schon einen Schritt auf die dunkle Seite des Kapitalismus. Natürlich hat er seinen Kindern säckeweise nutzloses Plastikspielzeug geschenkt, weil er ihrem Gequengel nachgab. Toms Gemüsegarten, das gepriesene Herzstück des Aussteigerhofes, sieht in diesem verregneten Jahr einfach schrecklich aus: von Schnecken angenagter Spitzkohl, daniederliegende Erbsenpflanzen, ins Kraut geschossener Kohlrabi. »Ich hatte einfach keine Zeit, mich darum zu kümmern«, sagt der Faulheitsguru zerknirscht. Auch das Pony ist entkommen, niemand hatte bisher Gelegenheit, es einzufangen, und so wuchern die Rasenflächen ums Haus immer mehr zu. Zum Abschied essen wir einen traditionellen Lunch im Hunter’s Inn, dem örtlichen Pub. Wenn Delilah und Henry nicht die anderen Gäste mit ihren geräuschintensiven Fangspielen terrorisieren würden, könnte man sich im 19. Jahrhundert wähnen. Auf den Terrassen wandern Pfauen. Das Unwetter ist vorbei, die Berge von Devon leuchten heidelila. Aber es ist der 5. August 2011, und alle müssen wieder nach London.

In Tottenham passiert mein Taxi den Schauplatz der Schießerei, von dem aus die Londoner Unruhen der vergangenen Wochen ihren Ausgang nahmen. Der Flughafen Heathrow ist voller gehetzter, mobil telefonierender Menschen. Über endlose Laufbänder werden wir zu den Outlets für überteuerte Burger, überteuerte Balik-Lachs-Anrichtungen und überteuerte Handtaschen transportiert. Die britischen Zeitungen titeln »Schwarzer Freitag«, »Märkte weltweit im Aufruhr« und »Börsen im freien Fall«. 17.20 Uhr nach Hamburg.

Wer lebt richtig? Wer hat recht? Was ist die Wirklichkeit?

Quelle: Zeit Online



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Grün ist nicht gleich Grün

Drei Volksinitiativen wurden lanciert, die sich für eine grüne Ökonomie einsetzen. Doch was genau ist unter grüner Ökonomie zu verstehen und was schlagen die verschiedenen Initiativen vor, um diese zu fördern? Ein Meinungsbeitrag der Waadtländer Nationalrätin Adèle Thorens Goumaz.

Grüne Ökonomie wurde während der letzten Finanzkrise unter dem Banner eines «Green New Deal» vermehrt thematisiert. Es ging darum, die Förderprogramme für die Wirtschaft zu nutzen, um bewusst in umweltfreundliche Projekte zu investieren. In diese Richtung geht die «Cleantech»-Initiative der SP, die 100’000 Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien schaffen will. Dadurch wird aber nur die saubere Energie wirtschaftlich gefördert. Die Initiativen «Energie- statt Mehrwertsteuer» der Grünliberalen und «Für eine grüne Wirtschaft» der Grünen zielen hingegen auf die Wirtschaft als Ganzes.

Bastien Girod stellt die Initiative vor.

Wie soll unsere Ökonomie funktionieren, wenn unsere Ressourcen immer knapper werden? – Bastien Girod stellt die Initiative vor.

Sowohl die Grünliberalen, wie auch die Sozialdemokraten fokussieren primär auf Energie-Fragen. Die Initiative der Grünen ist da viel umfassender: Sie bezieht die Gesamtheit der Wirtschaft und der Ressourcen mit ein. Sie will die Prinzipien einer Ökonomie, die auf Stoffkreisläufe basiert und eines industriellen Umweltschutzes in der Verfassung verankern. So soll zum Beispiel erreicht werden, dass ein Maximum an Ressourcen, Materialien und Abfällen wiederverwertet wird und dass alles, was nicht wiederverwertet werden kann, in einen natürlichen Kreislauf zurückgeführt wird. Kurz: Die Umweltbelastungen durch die Unternehmen sollen minimiert werden.

Auch auf Ebene der vorgeschlagenen Instrumente unterscheiden sich die drei Initiativen. Die Grünliberalen konzentrieren sich auf eine Besteuerung der Energie, während die Sozialdemokraten auf die Förderung erneuerbarer Energie setzen. Die Initiative der Grünen hingegen schlägt eine viel grössere Bandbreite an Mitteln vor, aus denen Bundesrat und Parlament schöpfen können. Ausser der Einführung von Massnahmen im Stile von «Cleantech» und «Energie- statt Mehrwertsteuer» würde die Initiative «Für eine grüne Ökonomie» auch den Bau von industriellen Anlagen, die nach ökologischen Kriterien funktionieren, ermöglichen. Dort würden, um die Verwendung der Ressourcen zu optimieren, Firmen in einem Komplex zusammenarbeiten. Zudem würde die Vergabe öffentlicher Aufträge nach ökologischen Kriterien erfolgen und für Betriebe, die nach ökologischen Kriterien arbeiten, könnten steuerliche Anreize geschaffen werden.

Abgesehen von diesen Unterschieden haben die drei Initiativen das gleiche Ziel: Es werden Richtlinien für eine Ökologisierung der Wirtschaft formuliert und fundamentale Fragen gestellt: Wie soll unsere Ökonomie funktionieren, wenn unsere Ressourcen immer knapper werden? Wie können wir eine Lebensqualität erhalten, die heute auf der Benutzung von nicht erneuerbaren Energien und Gütern beruht? Wie kann man unsere Wirtschaft dabei unterstützen, anders zu funktionieren, nachhaltig zu sein und trotzdem konkurrenzfähig zu bleiben? All diese Fragen werden nicht nur in der kommenden Legislatur wichtig sein. Sie werden in den nächsten Jahrzehnten immer wieder zu reden geben. Die Debatte ist lanciert.

Adèle Thorens Goumaz est conseillère nationale (Verts/VD) depuis 2007.
Adèle Thorens Goumaz ist seit 2007 Nationalrätin (Grüne/VD).

Sonntag, 28. August 2011

Sparlampen trotz allem

Ein kleiner Schritt für die Glühlampe, ein großer für den Klimaschutz in der EU: Ab dem 1. September dürfen keine 60 Watt-Glühlampen mehr auf den Markt gebracht werden. Das Öko-Institut begrüßt die konsequente Umsetzung der EU-Ökodesign-Verordnung für Lampen in Deutschland im Sinne des Klimaschutzes.

„Verbraucherinnen und Verbraucher sollten spätestens jetzt gar keine Glühlampen mehr kaufen“, empfiehlt Stéphanie Zangl, Wissenschaftlerin und Expertin für energieeffiziente Beleuchtung am Öko-Institut. „Energiesparlampen sind die umweltfreundlichere und sparsamere Variante: wer seinen Haushalt jetzt neu ausstattet, spart jährlich 100 Euro und 450 Kilowattstunden Strom ein – das ist so viel, wie vier effiziente Kühltruhen verbrauchen, die 24 Stunden am Tag laufen.“ Moderne Energiesparlampen gibt es heute in vielfältigen Formen und Lichtqualitäten. Anders als die erste Generation der 1980er Jahre sind sie in verschiedenen Fassungsgrößen erhältlich sowie in unterschiedlichen Weißtönen und Farben, als dimmbare Versionen und schnellstartend. Allen gemein ist, dass sie den höchsten Energieeffizienzklassen – A und B – angehören. Herkömmlich Glühlampen dagegen rangieren in den Klassen D und E.

Sparlampen halten sechs bis 15-mal länger als Glühlampen,
können etwa bis zu 300.000 Mal geschaltet werden und verbrauchen rund 80 Prozent weniger Strom. Sie tragen damit direkt zu den anspruchsvollen Klimaschutzzielen der Europäischen Union bei.

Verbraucher sparen trotz der höheren Anschaffungskosten:
Die jährlichen Gesamtkosten der Energiesparlampen liegen deutlich unter denen der Vergleichsmodelle. Während eine herkömmliche 60-Watt-Glühlampe über den anteiligen Kaufpreis und die jährlichen Stromkosten Gesamtkosten von rund 15 Euro pro Jahr hat, liegen diese Gesamtkosten bei einer vergleichbar guten Energiesparlampe nur bei rund drei Euro „Es gibt kein anderes Produkt, mit dem man im Haushalt so schnell und viel Strom und damit natürlich bares Geld sparen kann“, fasst Zangl den Nutzen von Energiesparlampen zusammen.

Energiesparlampen enthalten kleine Mengen von Quecksilber – etwa zwei bis maximal fünf Milligramm (mg). Beim normalen Betrieb wird das Quecksilber nicht freigesetzt. Nach außen kann es nur gelangen, wenn eine Energiesparlampe kaputt geht, was sehr selten passiert. Auch schon weil man sie sechs bis 15-mal weniger oft auswechseln muss als Glühlampen. Selbst im seltenen Fall eines Bruchs besteht keine akute Gesundheitsgefahr: ausgiebiges Lüften, das rasche Auffegen der Lampenreste und Verschließen in einem Glas mit Schraubverschluss reduziert die Quecksilberbelastung schnell.

Selbst wenn eine Person das in der Lampe enthaltene Quecksilber vollständig aufnehmen würde, wäre die Gesundheitsbelastung verglichen mit anderen Belastungen minimal. Allein durch den Verzehr von einigen Kilogramm Fisch, der heute noch immer quecksilberbelastet ist und bis zu einem Milligramm Quecksilber pro Kilogramm Fisch enthalten darf, ist die akkumulierte Quecksilberbelastung höher als die durch zerbrochene Energiesparlampen.

Wer die allgemeine Quecksilberbelastung der Umwelt reduzieren will, sollte schnellstmöglich seine Glühlampen durch Energiesparlampen ersetzen – und zu erneuerbaren Energien wechseln. Denn bei der Stromproduktion aus Kohle, die in Deutschland derzeit immerhin fast 43 Prozent der gesamten Stromerzeugung ausmacht, wird kontinuierlich Quecksilber freigesetzt. Es ist in kleinen Konzentrationen in der Kohle enthalten und wird bei der Verbrennung in die Atmosphäre entlassen. Durch den mehr als fünffach Prozent höheren Stromverbrauch einer Glühlampe wird so deutlich mehr Quecksilber freigesetzt als in einer vergleichbaren Energiesparlampe überhaupt enthalten ist.

Gesetzlich ist bereits eine stufenweise Reduzierung der erlaubten Höchstmengen an Quecksilber in Energiesparlampen auf 2,5 mg vorgesehen. Diese Regelung gilt in der EU ab dem 1. Januar 2013. Schon ab Januar 2012 dürfen sie nur noch 3,5 mg Quecksilber enthalten. Auch heute können Verbraucher beim Einkauf schon darauf achten, dass sie Lampen mit möglichst geringem Quecksilbergehalt wählen.

Damit Verbraucher ohne hohen Aufwand gute und effiziente Produkte kaufen können, brauchen sie Orientierung und Unterstützung bei ihrer Kaufentscheidung. Kennzeichnungen wie der Blauer Engel und die Energieeffizienzklassen für alle Lampentypen bieten da eine erste Hilfe. Zusätzlich können unabhängige Verbraucherinformationsportale wie www.ecotopten.de vom Öko-Institut oder Tests wie beispielsweise in der aktuellen Ausgabe des Magazins der Stiftung Warentest (September 2011) bei der Kaufentscheidung helfen.

Weitere Informationen: Ausführliche Informationen bietet das Oeko-Institut in einem Fragen- und Antwortenpapier des Öko-Instituts zu Energiesparlampen zusammengefasst.

Quelle: Öko-Institut e.V.

100 % erneuerbar und dezentral

Eine 100prozentige Versorgung mit Erneuerbaren Energien ist ebenso möglich wie eine weit gehend dezentralisierte Produktion der Erneuerbaren, und das in der Schweiz. So das Fazit der Tagung der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES) von Freitag in Zürich.

Das ist der Knackpunkt auf dem Weg hin zur Vollversorgung mit Erneuerbaren, auch hierzulande: Nicht etwa das Potential, das je länger je deutlicher vorhanden ist – sondern eine gute Kommunikation zu den Möglichkeiten auch in der Schweiz. So stand denn die SES-Tagung voll im Zeichen einer ganzen Reihe eindrücklicher Beispiele, von denen die Öffentlichkeit und insbesondere die SkeptikerInnen doch bitte endlich Kenntnis nehmen und die richtigen Schlüsse ziehen sollen.

Ein Glanzpunkt der diesjährigen SES-Tagung «Wege in die regionale Energiezukunft»: Hans-Josef Fell, Grünen-Abgeordneter des Deutschen Bundestags, legte dar, dass «viele Argumente gegen Erneuerbare Energien nicht tragbar sind». Bild: Guntram Rehsche - für Vergrösserung auf Bild klicken!







Es gibt auch hierzulande nicht nur tausende von Einzelbeispielen – wie etwa die doch immer häufiger sichtbaren solaren Anlagen auf Hausdächern, dienen sie nun der thermischen Wärme- oder der solaren Stromerzeugung (Photovoltaik). Nein es gibt unterdessen auch eine ganze Reihe von Konzepten zu einer umfassenden, möglichst autonomen Energieversorgung in ganzen Ortschaften oder gar Regionen in der Schweiz. Beispiele gefällig? Hier jene, die an der SES-Tagung besondere Erwähnung fanden:

Das Gebiet Bern-Solothurn gilt in vielerlei Hinsicht als gemeinsame Region – nun ist es auch eine Energieregion. In Kooperation mit der Versorgungsgenossenschaft Elektra www.elektra.ch in Jegensdorf haben die Gemeinden der Region zuerst eine Potentialabschätzung vorgenommen, die gemäss dem Soziologen Lukas Eichenberger zeigt, dass ein Drittel der Energie erneuerbar im Heimgebiet erzeugt werden können, ein Drittel durch Effizienzmassnahmen einzusparen wäre und ein Drittel weiterhin von aussen – vorzugsweise in Form Erneuerbarer Energien – zugeführt werden müsste. Die Energieregion trägt alle relevanten Informationen zusammen unter: http://www.energieregion-be-so.ch.

Das Energietal Toggenburg stellte an der SES-Tagung Christiane Pietsch vor: Eine ganze Reihe von Einzelprojekten wie etwa die solargetriebene Sesselbahn von Wildhaus und ein Bekenntnis zu mehr Lebensqualität dank geringerem Energieverbrauch haben die Unterstützung für das Projekt bei den Toggenburgern sukzessive wachsen lassen. Ziel fürs Toggenburg sei so die 2000-Watt-Gesellschaft.

Die Ortschaft Erstfeld in der innersten Schweiz verfügte seit langem über Wasserkraftwerke, erbaute dann im letzten Jahrzehnt zwei der frühen Trinkwasserkraftwerke, die den vorhandenen Wasserfassungen eine Turbinenstufe hinzufügten und so neben hochstehendem Wasser quasi gratis noch Wasserstrom als Wertschöpfung hinzu fügten. Unterdessen bekennen sich die Gemeindewerke von Erstfeld mit Geschäftsleiter Roman Betschart zu einer hohen Eigenversorgung in allen Energiebelangen, neben Holzschnitzelanlagen sind vor allem schon PV-Anlagen hinzugekommen. Betschard hat auch das Energiesparen im Auge, weiss er doch aus eigener Erfahrung dass die grössten Energieschlucker Elektroheizungen und Elektroboiler sind – die übrigens in den Verbrauchsstatistiken des VSE jeweils nicht aufgeführt werden unter Stromgeräten im Haushalt.... für Vergrösserung auf Bild klicken!

Weitere Energieregionen mit unterschiedlichem Entwicklungsstand sind hierzulande etwa das Diemtigtal im Kanton Bern, das Goms, das Emmental – mit dem gar schon lustigen Label «Oil of Emmental» sowie die Gemeinschaft Simplon-Dorf / Gonda. Helfen beim Auffinden solcher regionaler Projekt auf dem Weg zur Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien in den Regionen soll die neue Website www.unserstrom.ch. Dieses WWF-Projekt wurde soeben neu aufgeschaltet und soll wie eine Datenbank den Überblick ermöglichen über alle diesbezüglichen Anlagen.

Es gibt Vollversorgungskonzepte mit Erneuerbaren Energie in grösserer Zahl vor allem in Deutschland und Österreich. Von dort kamen aufmunternde Botschaften, wonach es auch wirklich funktioniert. Wenn auch klein so doch fein und nahe der CH-Grenze gelegen, ist etwa das vorarlbergische Dorf Langenegg zu erwähnen. Dessen Bürgermeister Georg Moosbrugger ermunterte die rund 300 TagungsteilnehmerInnen ganz einfach vorwärts zu machen. So wie es seine kleine Gemeinde mit grossem Erfolg seit über zehn Jahren schon gemacht hat. Das Motto der Region: «Energiebewusst leben» hat unter anderem das gebracht was immer wieder bezweifelt wird – nämlich eine bedeutende Minderung des Stromverbrauchs um 47 und des Wärmekonsums um 34 Prozent! Mehr Info über: http:// www.langenegg.at.

So gilt, was die organisierende SES in der Begleitbroschüre festhält: «Zentrale Eckpfeiler der Energiezukunft sind neben den erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz die dezentralen Produktions-, Versorgungs- und Konsumstrukturen.» Das wird viele Arbeitsplätze in die Regionen bringen, wie in Deutschland bereits eindrucksvoll aufgezeigt. Und es wird so ganz nebenbei die Sache mit den Atomkraftwerken auf einer gesunden und realistischen Basis erledigen.

Weitere Infos zur Tagung unter: Schweizerische Energie-Stiftung

© Solarmedia

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Mittwoch, 24. August 2011

«Good Bank» für Österreich

In Österreich entsteht eine „Demokratische Bank“. Die Gründer wollen den Umgang mit Geld neu definieren. Mit günstigen Krediten und Gratiskonto soll das Finanzinstitut 2012 auf den Markt gehen. In einem zweiteiligen Beitrag beleuchtet ECOreporter.de die Hintergründe und Motive der Gründer.

Banken sind spätestens seit der Finanzmarktkrise keine Institutionen, denen das Vertrauen entgegenfliegt. Die Menschen regen sich auf – und bleiben Bank-Kunden. Christian Felber, Publizist und Mitbegründer der Globalisierungsgegner von Attac Österreich (siehe Bild), will mehrere Schritte weiter gehen: Er will eine eigene Bank. Als der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann 2008 „Bad Banks“ forderte, um „systemrelevante“ Banken zu schützen, als wenig später tatsächlich Staatsgeld Zocker-Banken rettete, forderte er: „Ein anderes Bankwesen ist nötig und auch möglich.“ Ab Februar 2009 konstruierte er an einer „Good Bank“. Die soll nun Demokratische Bank heißen. Die erste Phase ist durchstanden, sie diente der Selbstfindung. Im Februar 2011 lag ein Zehn-Punkte-„Visionspapier“ vor; es ist die Basis für die eigentliche Gründungsarbeit, in der Geschäftspläne und Strategien entstehen sollen. Die sollen dann an die Finanzmarktaufsicht gehen. Schon Ende 2012 soll die Demokratische Bank dann mit Zweigstellen in allen neun Bundesländern ihren Betrieb aufnehmen.

Zuvor gilt es, das gesetzlich geforderte Gründungskapital von fünf Millionen Euro auf zubringen, um eine Bankkonzession zu erlangen. Anleger können ab 1.000 Euro Teilhaber werden; das Gründungs- und Stammkapital wird auf einem Treuhandkonto eingezahlt. Das Stimmrecht im späteren Geschäftsprozess soll nicht von der Höhe des Gründungskapitals abhängen - ein Kopf, – eine Stimme, so die demokratische Devise. Sie wird mit der genossenschaftlichen Rechtsform der Bank einhergehen.

Entscheidungen sollen im Konsens getroffen werden. Wer die Bank leitet, darf nicht das Ergebnis einer Hinterzimmer-Diskussion werden – es gibt ein Wahlverfahren, damit die Gemeinschaft der Bankeigner mitbestimmen kann. Gewählte Mitarbeiter sollen auch wieder abwählbar sein. Demokratie ist eine Gesellschaftsform, ein politisches System, eine Regierungsvoraussetzung in Demokratischen Staaten. Ist sie kompatibel mit einem Bankbetrieb, der in einer Marktwirtschaft im Wettbewerb steht? Felber, der Visionär der „Demokratischen Bank“, sieht keinen Widerspruch: „Gerade die Trennvorstellung von Politik und Wirtschaft ist Kern des Problems unseres Wirtschafts- und Finanzsystems. Kooperation und Empathie, Dialoge im großen Kreis und wertschätzende Kommunikation und Menschenrechte gehören in Wirtschaft wie Politik.“ Und er fragt rhetorisch: „Oder sind nur in der Politik alle Menschen gleich viel wert, und in der Wirtschaft gilt das Recht des Stärkeren?“

Eine Wirtschaft mit Gemeinwohl im Sinn sei nicht nur seine Vision oder die der 100 ehrenamtlich tätigen Gründungsmitglieder der Bank, so Felber. Und dann zitiert er Artikel 151 der Verfassung – allerdings der bayerischen: „Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl, insbesondere die Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle“, zitieren sie. Nach diesem Grundsatz müssten Banken und das Geldsystem neu organisiert werden, so Felber. Die Kerngeschäfte der Banken sollten sich auf die Versorgung der Wirtschaft mit günstigen Krediten beschränken, die aus den eingesammelten Ersparnissen der Kunden stammten.

Quelle: www.ecoreporter.de

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Sonntag, 21. August 2011

Nike macht einen grossen Schritt

Das ist gemäss Greenpeace ein großer Erfolg der Greenpeace-Kampagne gegen Wasserverschmutzung. Das Sportartikelunternehmen Nike will bis zum Jahr 2020 alle gefährlichen Chemikalien aus der Herstellung seiner Textilien verbannen.

Das gab das Unternehmen in den USA bekannt (http://gpurl.de/BlHvY). Damit kann Greenpeace nach der entsprechenden Verpflichtung von Puma einen weiteren Erfolg seiner neuen Kampagne gegen „Schmutzige Wäsche“ verzeichnen. Diese Initiativen der Unternehmen werden die Wasserverschmutzung durch die Textilindustrie und damit die Belastung für Menschen und Umwelt in den Herstellungsländern verringern. „Nike und Puma erkennen ihre Verantwortung und reagieren richtig auf unsere Recherchen“, urteilt Manfred Santen, Chemie-Experte von Greenpeace. „Das ist auch ein wichtiges Signal für viele Käufer ihrer Produkte. Diese wollen sicher sein, dass ihre Lieblingsmarke sauber ist und Missstände beseitigt. Das geht nur, wenn bei der Herstellung alles stimmt. Nun muss aber auch Adidas Farbe bekennen.“

Adidas ist wie die anderen großen Sport- und Lifestyle-Marken dafür verantwortlich, dass ihre Zulieferer-Firmen in China giftige Chemikalien in den Pearl River und den Jangtse einleiten. Millionen Menschen beziehen ihr Trinkwasser aus den Flüssen, fischen und nutzen das Wasser für die Landwirtschaft. „Es überrascht, dass Adidas in diesem Fall nicht voran geht. Dieser Hersteller war neben Nike schon mal unter den Ersten, die Umweltzerstörung beseitigen wollten“, sagt Santen. Als Greenpeace im Jahr 2009 Schuh-Markenhersteller aufforderte, nicht länger Leder von Rinderfarmen zu verarbeiten, die den Amazonas-Urwald zerstören, reagierte Adidas schnell. Doch nun setzen andere den Standard.

So will Nike alle von Zulieferern verwendeten Chemikalien veröffentlichen. Das Unternehmen will auch den Verzicht auf gesundheitsgefährdete Chemikalien innerhalb der Bekleidungsindustrie vorantreiben Der Marktführer sicherte zu, seinen Umsetzungsplan innerhalb von acht Wochen zu veröffentlichen. Greenpeace wird die Entwicklung bei Nike genau beobachten. Die Bekleidungsindustrie zählt zu den Branchen, die sehr viel Wasser verbrauchen: In die Produktion von einem Kilo Stoff fließen bis zu 100 Liter Wasser. Denn die Textilien werden mehrmals gewaschen, bevor sie im Laden liegen. Sie sollen dann möglichst wenig Rückstände der vielen Chemikalien enthalten, die zum Färben, Bedrucken und Imprägnieren eingesetzt werden.

Quelle: oekonews.at / Greenpeace

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Sonnige Zukunftsaussichten?

Am 21. August 2011 ist der Tag erreicht, an dem wir Menschen nach Berechnungen des Global Footprint Network alle Ökodienstleistungen, welche die Natur für ein Jahr bereitstellt, bereits aufgebraucht haben - von der CO2-Aufnahmefähigkeit der Wälder und Meere, über die Nutzung der Trinkwasserreserven bis zur Produktion von Rohmaterialien und Nahrung.

Ab diesem Zeitpunkt werden wir somit bis zum Ende des Jahres mehr Ressourcen verbrauchen und Abfall verursachen als die Erde bereitstellen bzw. ausgleichen kann. Der Tag, der als Earth Overshoot Day bezeichnet wird, markiert folglich jenen Zeitpunkt in einem Jahr, ab dem die Menschen auf Kosten zukünftiger Generationen leben. Der Klimawandel ist eine der gravierendsten Auswirkungen davon, dass der Mensch die natürlichen Belastungsgrenzen der Erde überschreitet.

Der Reichtum des Manobo-Volkes bestand beispielsweise aus Flüssen und Wäldern, die ihnen alles gaben, was sie zum Leben brauchten. Doch Großkonzerne holzen die Wälder ab und beuten Bodenschätze aus. Mit schlimmen Folgen für Mensch und Umwelt. Der terre des hommes-Projektpartner PASAKK schützt den Lebensraum der Manobo und macht sich für den verantwortlichen Umgang mit der Natur stark.


Welche gravierenden Auswirkungen das vor allem für Kinder hat, zeigt die neue Studie von terre des hommes und Germanwatch "Sonnige Zukunftsaussichten? Klimawandel, Wasser und die Rechte von Kindern und zukünftigen Generationen" Durch den Klimawandel steigt die globale Durchschnittstemperatur an, was viele Auswirkungen auf das Ökosystem der Erde hat. Eine Konsequenz der Erwärmung ist die Vermehrung von Krankheitserregern. Mehr Bakterien in Brunnen und Trinkwasserspeichern haben gravierende Folgen für Kinder. Schon jetzt zählen Durchfallerkrankungen zu den Haupttodesursachen von Kindern unter fünf Jahren.

"Für die peruanische Hauptstadt Lima beispielsweise
belegen Studien den engen Zusammenhang von zunehmender Erwärmung und Gesundheitsrisiken: Dort steigt mit jedem Zehntelgrad Celsius Temperatursteigerung die Zahl der Durchfallerkrankungen um acht Prozent. Deshalb gehören Kinderrechte und Klimaschutz ganz eng zusammen", erklärt Danuta Sacher, Geschäftsführerin von terre des hommes.

Der steigende Bedarf an natürlichen Ressourcen mündet in Raubbau an der Natur und zerstört damit die Lebensgrundlage vieler Menschen: Allein im Amazonasgebiet ist bereits ein Fünftel des Regenwaldes abgeholzt. Besonders arme Familien sind auf Nahrung aus der Natur angewiesen. Die Zerstörung der Umwelt beraubt sie und nachkommende Generationen ihrer Existenz. Deshalb fordern terre des hommes und Germanwatch die Wende zu einer nachhaltigen Wirtschafts- und Konsumorientierung, um die Lebenschancen zukünftiger Generationen zu sichern.

"Um das Kinderrecht auf eine gesunde Umwelt zu schützen, bedarf es einer doppelten Handlungsstrategie: das Unbewältigbare durch massiven Klimaschutz zu vermeiden. Und das Unvermeidbare zu bewältigen - durch Anpassungsmaßnahmen, die die besonders verletzlichen Menschen, gerade auch Kinder, ins Zentrum stellen", erklärt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

Quellen: terre des hommes / Germanwatch / Sonnenseite

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Freitag, 19. August 2011

Amazonaswald schwindet

Neue Satellitendaten belegen einen drastischen Anstieg der Abholzung im brasilianischen Regenwald um 79 Prozent im ersten Halbjahr 2011. Diese illegale Abholzung nimmt stetig zu. Dies zeigen die aktuellen Satellitendaten des Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE) in Brasilia.

Demnach wurden allein im Juni in Brasiliens Amazonas 312,7 Quadratkilometer Regenwald gerodet. Im Vergleich zu Juni 2010 bedeutet dies einen Anstieg um 28 Prozent. Insgesamt lag die Entwaldungsrate im ersten Halbjahr 2011 sogar 79 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. „Wir verlieren gerade stündlich wertvollen Wald, den uns niemand zurückgeben kann. Brasilien muss hart gegen die illegale Rodung vorgehen“, fordert Roberto Maldonado, Lateinamerika-Referent beim WWF Deutschland. Eine Ursache für die rasante Zunahme der illegalen Abholzung ist laut Maldonado die anstehende Novellierung des brasilianischen Waldgesetzes. Die geplante Änderung soll die Rodungsauflagen für Grundbesitzer lockern und verspricht eine Amnestie für zurückliegende illegale Abholzungen. 60 Prozent der von der Gesetzesänderung betroffenen Flächen liegen im Amazonas-Gebiet.

Seit das Gesetz, das vor allem dem Wirtschaftswachstum dienen soll, debattiert wird, seien die Entwaldungszahlen in die Höhe geschnellt, so der WWF-Experte. Laut Maldonado verschwindet der Amazonas-Regenwald in Brasilien vor allem für die Agroindustrie, insbesondere für Rinderzucht und Soja-Anbau.

„Brasilien hat sich 2009 auf dem Weltklimagipfel in Kopenhagen verpflichtet, die Zerstörung des Regenwaldes im Amazonasgebiet bis zum Jahr 2020 um 80 Prozent zu reduzieren“, sagt WWF-Referent Roberto Maldonado. „Dennoch steigt die Entwaldung weiter, mit allen negativen Folgen.“ Kommt die Gesetzesänderung, befürchtet der WWF verheerende Folgen für das Weltklima und die Artenvielfalt.

Quelle Text und Bild: WWF

Dienstag, 16. August 2011

Haus aus Flaschenziegeln

Nigeria recycelt Plastikflaschen einmal anders. Ein Haus aus recycelten Plastikflaschen wurde in Kaduna errichtet, weitere Projekte sind geplant.

Ein Haus, mit " Bausteinen" die aus mit Erde und lehmigem Sand gefüllten Plastikflaschen bestehen (Bild: © Andres Froesse). Kunststoff-Flaschen brauchen hunderte Jahre, bis sie in einer Deponie biologisch abbaubar sind. In Nigeria verursachen Millionen von Plastikflaschen in Gewässer und auf Deponien jedes Jahr Probleme. Katrin Macmillan hat Nigerias Flaschen-Recycling-Programm im Dezember 2010 gestartet. Gebrauchte Kunststoff-Flaschen und ihre Deckel werden nun von Hotels, Restaurants, Wohnungen und Botschaften gesammelt und damit ein Haus gebaut.

Yahaya Ahmed, CEO der "Development Association for Renewable Energies (DARE), ist sicher, dass sich energie-autonome Häuser aus den recycelten Materialien bauen lassen. Er hat mit DARE Andres Froesse, den Gründer von "Eco-Tec Soluciones Ambientales", nach Nigeria gebracht, um mir regionalen Maurern die Flaschenbautechnik umzusetzen. Land für das erste Flaschen-Gebäude Nigerias wurde von Ingenieur Chris Vassilou gespendet. Das Flaschen-Haus wird solarbetrieben, mit einem sparsamen sauberen Herd, Urin Sammlung für Düngung und Wasserreinigung-Tanks, wodurch es energie autonom sein wird.

Das nächste nigerianische Flaschen-Haus Bauvorhaben ist eine Aula für eine Schule in Seluja, die dringend mehr Platz braucht. Die Schulkinder werden in der Flaschen-Ziegel-Herstellungstechnik geschult und die neu ausgebildeten Maurer werden bis Januar 2012 die Aula der Schule errichten.

Quelle: oekonews.at

Autobatterie: Wechseln statt Laden

Trotz großer technischer Herausforderungen sehen Mobilitätsexperten die batterieelektrischen Fahrzeuge auf der Gewinnerseite. Mit einem Wechselkonzept könnte das Nachladen fast so einfach wie Tanken sein. Taxikunden bevorzugen heute schon die elektrische Variante, so das Ergebnis eines Pilotversuchs in Japan.

Der führende Energiespeicher für Fahrzeuge wird im Jahr 2030 die Batterie sein. Das ist das Ergebnis einer Online-Umfrage unter über 100 Besuchern der Netzwerk- und Informationsveranstaltung e-Monday. Auf Platz 2 liegen Plug-in-Hybridfahrzeuge. Ein Ergebnis, das auch Rolf Schumann unterstreicht. „Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen muss beendet werden, da sie langfristig nicht mehr bezahlbar sind“, sagt der Country Engagement Principal Deutschland von Better Place. „Um Mobilität zu gewährleisten, brauchen wir zukunftsorientierte Technik.“

Das Unternehmen will den Aktionsradius elektrisch betriebener Autos verbessern, indem das es mit dem großflächigen Aufbau einer Batteriewechsel-Infrastruktur leeren Akkus den Schrecken nimmt (siehe Bild). „Ziel ist ein System, das den gleichen Komfort zum mind. gleichen Preis bietet, wie ein Auto mit Verbrennungsmotor, nur auf elektrischer Basis“, sagte Schumann Anfang August bei seinem e-Monday-Vortrag. Statt Lade- und somit stundenlange Wartezeit in Kauf zu nehmen, kann ein Fahrer seine Batterie gegen eine geladene auswechseln lassen und nach fünf Minuten seine Fahrt fortsetzen – ähnlich schnell, wie er heute ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor auftankt. Die Batterie muss dazu im Auto zwischen den Achsen sitzen und wird von unten ausgetauscht. Der Fahrer fährt zum Batteriewechsel in eine Station, wo eine Anlage den Austausch automatisch vornimmt.

„Die Autos sind mit einen Fahrerassistenzsystem ausgestattet und verfügen über ein Lademanagement, das den Fahrer über Akkustand und nächstgelegene Batteriewechselstationen informiert“, beschreibt Schumann die Vision. Die Wechsel- und Ladestationen können an privaten, semi-öffentlichen und öffentlichen Orten installiert werden. Für längere Fahrten wäre das eine praktikable Lösung, um an einem Tag deutlich mehr als 150 Kilometer mit wenig Zeitverlust zurückzulegen. Um ein solches System zu etablieren, kümmert sich Better Place in Zusammenarbeit mit den Autoherstellern um die Batterien, das Laden und die Infrastruktur. Wenn das „Nachladen“ so unkompliziert verläuft und überall möglich ist, kommen Elektromobilisten auch mit kleineren Batterien und damit weniger Gewicht – also effizienter – durchs Land.

Better Place sieht sich dabei nicht als reines Batteriewechsel-Unternehmen, sondern als Mobilitätsdienstleister, der Strom und Batterien in großen Mengen zur Verfügung stellt, um Skaleneffekte zu erwirtschaften und die Auslastung besser zu verteilen. In einem dreimonatigen Pilotversuch mit Tokios größtem Taxiunternehmen Nihon Kotsu hat Better Place gezeigt, dass das Konzept funktioniert und Elektromobilität auch beim Kunden ankommt. Mehr als 87 Prozent der Fahrgäste bevorzugten das elektrische Taxi. Weitere Pilotversuche laufen in Dänemark und Australien.

Quelle: Sonnenseite / e-Monday

Montag, 15. August 2011

Nullenergiegebäude

Die gleichnamige Publikation ist bei DETAIL erschienen. Die Erstellung erfolgte im Kontext der Zusammenarbeit von Experten der Internationalen Energieagentur im Rahmen der Programme Solar Heating & Cooling (SHC, Task 40) und Energy Conservation in Buildings & Community Systems (ECBCS, Annex 52) unter dem Titel „Towards Zero Energy Solar Buildings“. Auch Schweizer Projekte werden dargestellt.

Die Veröffentlichung mit rund 190 Seiten besteht im wesentlichen aus 2 Hauptkapiteln zum Thema „Hintergrundinformationen“ sowie „Projekte + Erfahrungen“. Erstgenannter Abschnitt informiert auf 38 Seiten über „Wege zum klimaneutralen Gebäude“, „Methodische Grundlagen der Bilanzierung“, „Energiebilanzierung, Normung und Gesetzgebung“. Letztgenannter Abschnitt gibt auf 129 Seiten einen Überblick über Projekte und deren Merkmale. Dazu gehören kleine und große Wohnhäuser, Siedlungen, Städte, Bürogebäude, Gebäude für Produktion und Verwaltung oder Bildung ebenso, wie experimentelle Gebäude (hier Solar Decathlon Europe).

Die thematisierten Nullenergie- und Plusenergiegebäude zeigen auf, wie sich durch konsequente Zusammenführung von Architektur, Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien vor Ort eine ausgeglichene Jahresenergiebilanz erreichen lässt. Viele in der Veröffentlichung vorgestellten Projekte sind sogenannte Nur-Strom-Häuser. Letzteres gilt vor allem für die Wohngebäude. Deren Energiesystem ist auf Photovoltaikanlagen und Wärmepumpen beschränkt, sodass Strom der einzige Energieträger ist. Da bei Nullenergiegebäuden im großen Stil bisher auf Langzeitspeicherung von elektrischer Energie verzichtet wurde, übernimmt für diese Fälle das Stromnetz die Aufgabe der Speicherung und gleicht saisonal schwankende Energieerzeugung gegenüber der ebenfalls unbeständigen Energienachfrage aus. Die Beispiele zeigen, dass es einer hohen Energieeffizienz bedarf, damit eine Chance für den Ausgleich der energetischen Jahresbilanz besteht. Viele Projekte nutzen als Ausgangsbasis den Passivhausstandard, während erste Sanierungsprojekte Wege zum Nullenergiehaus im Bestand demonstrieren.

Mit der Fortschreibung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) wurde das Thema prominent besetzt. Mit dieser prägte die EU-Kommission 2010 den Begriff „nearly zero-energy building“, wobei in der deutschen Übersetzung „Niedrigstenergiegebäude“ daraus wurde (Gebäude mit sehr hoher Gesamtenergieeffizienz; fast bei null liegender oder sehr geringer Energiebedarf, welcher zu einem ganz wesentlichen Teil durch erneuerbare Energie gedeckt wird). Mit der Endfassung der Direktive wurden Festschreibungen von Begriffen, wie Nullenergiegebäude oder, wie der schon in einigen Ländern gut etablierte Passivhausstandard verworfen.

Damit überlies die EU-Kommission den nationalen Mitgliedsstaaten die weitere Vorgangsweise bei der Definition von Berechnungsverfahren, die im Gegensatz dazu beim Passivhausstandard definiert sind. Der Prozess der Definition für die „nearly zero-energy buildings“ steht 2011 erst am Anfang.

Das Kapitel „Energiebilanzierung: Praxis, Normung und Gesetzgebung“ betrachtet das Thema am Beispiel von Deutschland, der Schweiz (zwar kein EU-Mitglied aber gutes Vorbild) sowie Österreichs detailierter. Das Buch von Karsten Voss und Eike Musall, welches unter der Mitwirkung zahlreicher Co-Autoren entstand, ist im Buchhandel unter der ISBN 978-3-920034-50-8 ab 49,90 € oder beim Verlag über das Internet erhältlich (www.detail.de).

Quelle: oekonews

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Ecoreporter erhält Umweltpreis

Das deutsche Finanz-Nachhaltigkeitsportal ist mit Texten gelegentlich auch auf Vorsorgemedia vertreten. Nun erhält dessen umtriebiger Chefredakteur Jörg Weber einen der bedeutendsten deutschen Umweltpreise. Gratulation!

Ecoreporter verdanken wir seit bald zwei Jahrzehnten fundierte Analysen über Firmen, die sich der Nachhaltigkeit verschreiben. Aber auch die in den Wirtschaftsmedien sonst so seltenen gesellschaftlichen Bezüge und Branchenüberblicke zählen zu den Stärken von Ecoreporter.

Jörg Weber, Chefredakteur von ECOreporter.de (siehe Bild), erhält für dieses breite Wirken nun den B.A.U.M.-Umweltpreis. Damit zeichnet der Bundesdeutsche Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) e.V. seit 1993 „langjähriges herausragendes Engagement für Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung“ in verschiedenen Kategorien aus. Zu den diesjährigen Preisträger des B.A.U.M.-Umweltpreises gehören laut den Initiatoren unter anderem Harry J. M. Brouwer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Unilever Deutschland, Österreich und Schweiz und Prof. Dr. Claudia Kemfert, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Hertie School of Governance. Weber erhält den B.A.U.M.-Umweltpreis in der Kategorie ‚Medien‘.

Die Initiatoren begründen seine Auszeichnung folgendermaßen: „Mit dem Internet-Portal ECOreporter sowie dem gleichnamigen Magazin hat Jörg Weber die erste Informations-Plattform für nachhaltige Geldanlagen geschaffen, die das komplexe Themenfeld "grünes Geld" allgemein verständlich und spannend aufbereitet sowie Handlungsmöglichkeiten für das eigene Leben zeigt. Er hat ganz entscheidend dazu beigetragen, dass die Frage "Was passiert mit meinem Geld?" für Anleger zunehmend selbstverständlich wird, und sich hierdurch um die Stärkung des Nachhaltigkeitsgedankens in der Wirtschaft verdient gemacht.“

Die diesjährige Preisverleihung am 23. September 2011 ist in die zweitägige B.A.U.M.-Jahrestagung eingebettet, die im Rahmen von "Hamburg Umwelthauptstadt Europas 2011" am 22. und 23. September in der Hansestadt stattfindet.

Quelle: Ecoreporter / © Vorsorgemedia

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Donnerstag, 11. August 2011

Windenergie für Vietnam



Vietnams Hunger nach Energie wächst. Um ihn zu stillen, werden vor allem Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen ausgebaut, alternative Energien spielen kaum eine Rolle. Dabei hat Vietnam aufgrund seiner Lage ein riesiges Potential für Windenergie und Wasserkraft. Die politischen Rahmenbedingungen machen privaten Investoren ein Engagement schwer. Die GIZ hilft dem vietnamesischen Ministerium für Industrie und Handel dabei, das zu ändern. Im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative berät sie Vietnam bei der Entwicklung von Fördermaßnahmen. Außerdem leistet sie logistische und technische Hilfe, etwa bei der Aus- und Fortbildung vietnamesischer Facharbeiter und beim Aufbau von netzgekoppelten Windparks.

Quelle: Video by Handelsblatt 4. Aug. 2011

Mittwoch, 10. August 2011

Grosses CH-Biomassezentrum


Die Oberland Energie AG setzt mit der Inbetriebnahme des Biomassezentrums in Spiez bei der Nutzung erneuerbarer Energien neue Massstäbe. Eine Vergärungs- resp. Biogasanlage sowie eine Alt- und Restholzheizung liefern Strom, Wärme und Dampf aus biogenen Abfällen für das ABC-Labor, die Nitrochemie AG und weitere Abnehmer.

Der „Bio-Strom“ wird ins Netz eingespeist. Mit der Fernwärme und dem Dampf lassen sich künftig jährlich über 3,1 Millionen Liter Heizöl sparen. Die Oberland Energie AG als gemeinsame Firma der AG für Abfallverwertung (AVAG) und der BKW FMB Energie AG (BKW) forciert damit die Nutzung erneuerbarer Energien.

Vor über 20 Jahren begann die AVAG mit der Kompostierung von Grünabfällen im Schluckhals in Spiez. Biogene Abfälle sollten dem Kreislauf der Natur als hochwertige Kompostprodukte wieder zugeführt werden. Seit diesem Zeitpunkt hat die Menge kompostierbarer Abfälle stetig zugenommen und die AVAG hat in diesem Geschäftsbereich viele Erfahrungen sammeln können. Die Verarbeitung biogener Stoffe ist eine äusserst komplexe Aufgabe. Bei der Verarbeitung sind Stoffkreisläufe und Wechselwirkungen unter ökologischen und ökonomischen Aspekten ganzheitlich zu betrachten.

Das Biomassezentrum der Oberland Energie AG im Schluckhals zwischen Spiez und Wimmis wirkt den problematischen Aspekten der Kompostierung entgegen. Es setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen. Nach der flächenmässigen Erweiterung der bestehenden Kompostieranlage stehen heute über zwei Hektaren zur Verfügung, die für die Warenannahme, die Triage von Materialien, die Kompostierung und die Konfektionierung von Holz für die Altholz- und Restholzheizung genutzt werden. Biomasse, die nicht vergoren oder thermisch genutzt werden kann, wird weiterhin zu hochwertigen, mit dem Label „Knospe“ von Bio Suisse ausgezeichneten Komposten verarbeitet.

In der Vergärungsanlage kann mit einem modernen und innovativen Verfahren ein breites Spektrum der biogenen Abfälle verarbeitet werden. Dabei werden rund 1,5 Millionen Kubikmeter Gas pro Jahr produziert. Damit werden mittels einer Wärmekraftkoppelungsanlage zwei Generatoren betrieben. Die Generatoren produzieren jährlich mehr als 2'400 Megawattstunden Fernwärme und über 3'000 Megawattstunden Strom. Der „Bio-Strom“ wird ins Netz eingespeist. Die Fernwärme nutzt das ABC-Labor Spiez und spart damit jährlich rund 240'000 Liter Heizöl. Die Gärreste werden nach ihrer Reinigung von Störstoffen zu Komposten aufbereitet. In der Alt- und Restholzheizung wird neben dem Holz von Wurzelstöcken und Baumstämmen auch Altholz verbrannt. Daraus wird Dampf für die Nitrochemie AG in Wimmis und zusätzlich Fernwärme für das ABC-Labor erzeugt. Die 26'600 Megawattstunden Dampf decken bei der Nitrochemie einen Bedarf von etwa 2,7 Millionen Liter Heizöl ab, was rund 135 Tankfahrzeugen entspricht. In Planung ist der Fernwärmeausbau in Richtung Spiez.

Die drei Teilbereiche bilden eine Einheit: das Biomassezentrum. Hier erreichen Stoff- und Energieströme der biogenen Materialien mit modernster Technologie einen optimalen Wirkungsgrad. In die CO2-neutrale Produktion von Strom und Wärme eingeflossen sind die jahrelangen Erfahrungen und das grosse Know-how der AVAG in der Verwertung und fachgerechten Aufbereitung und Entsorgung von Abfällen und der BKW in der Energiegewinnung. Die Kompetenz der beiden Partner ermöglicht der Oberland Energie AG eine optimale Betreuung der Anlagen des Biomassezentrums. Die Einsatzzentrale der AVAG in der KVA Thun gewährleistet eine Überwachung der Anlagen während 24 Stunden an 365 Tagen.

Die Oberland Energie AG hat nach eigenen Angaben mit dem Bau dieser Gesamtanlage Neuland betreten und bedeutende Investitionen im Umfang von CHF 30 Mio. getätigt. Sie hat sich damit finanziell bedeutend im Sinne einer umweltgerechten und energieoptimierten Verwertung von Biomasse engagiert.

Quelle: Oberland Energie

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Ausweg aus der Heizkostenfalle


Der Umstieg auf Solarwärme bietet VerbraucherInnen einen Ausweg aus der Heizkosten-Falle, hält der deutsche Bundesverband für Solarwirtschaft in einer Medienmitteilung fest. Im nördlichen Nachbarland hilft gar eine erhöhte Abwrackprämie für alte Heizkessel, die aber nur noch bis Ende des Jahres gilt. Bereits 1,5 Millionen Solarwärme-Anlagen auf deutschen Dächern installiert - auch ein Umstieg in der Schweiz wäre lohnenswert.

Auf die VerbraucherInnen kommen neue Kosten zu. Über 100 Gasversorger haben für August und September Gaspreiserhöhungen von bis zu 29 Prozent angekündigt. Die Gasrechnung für einen Vierpersonen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden steigt damit in Deutschland um etwa 145 Euro pro Jahr. Auch der Ölpreis lag im Juli bereits bei über 80 Euro pro 100 Liter, im Winter ziehen die Preise erfahrungsgemäß noch einmal kräftig an.

"Eine Umkehr der Preisentwicklung bei fossilen Brennstoffen ist nicht in Sicht", sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. Seit Jahren schrauben sich die Preise spiralartig immer höher (siehe auch Graphik). "Verbraucher müssen daher auf andere Wärmelieferanten umsteigen, wenn sie langfristig der fossilen Heizkostenfalle entgehen wollen", rät Körnig.

Beliebter Ausweg aus der Heizkostenfalle sind Solarwärme-Anlagen. Bis heute wurden bereits 1,5 Millionen Sonnenheizungen auf deutschen Dächern installiert. Solarheizungen sind technisch ausgereift, dank öffentlicher Zuschüsse auch finanziell attraktiv und schneiden in Punkto Kundenzufriedenheit bei Umfragen regelmäßig gut ab. Weiterer Pluspunkt: Mit Solarwärme können Eigenheimbesitzer nichts falsch machen, da sich Solarkollektoren leicht nachrüsten lassen und mit anderen Heiztechnologien wie Pellets oder Gasbrennwert kombinieren lassen. "Alle anderen Heizoptionen bleiben den Hausbesitzern damit erhalten", so Körnig.

Die Kosten für eine Sonnenheizung liegen in Deutschland bei rund 12.000 Euro inklusive Montage. "Bei einem Einfamilienhaus beträgt die Förderung damit etwa 1.800 Euro, rund 15 Prozent der Anschaffungskosten", so Körnig. In Kombination mit einem modernen Heizkessel kann der Energieverbrauch um bis zu 50 Prozent gesenkt werden. In der Schweiz sind die Verhältnisse je nach Kanton unterschiedlich - sachdienliche Informationen bieten die Webportale:

- Swissolar
- Energiefranken

Quelle: Bundesverband Solarwirtschaft

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Dienstag, 9. August 2011

Bessere Verpackungen

Auf dem Weg vom Acker auf den Teller verderben laut Uno mehr als eine Milliarde Tonnen Lebensmittel pro Jahr. Das verschärft Hungersnöte - und den Treibhauseffekt. Bessere Verpackungen sollen nun helfen, das Problem zu lösen.

Guten Appetit? Von wegen! In Ostafrika sind derzeit Millionen Menschen vom Verhungern bedroht. Die Uno schätzt, dass in Somalia allein 640.000 Kinder akut unterernährt sind. Gleichzeitig haben es Spekulanten auf Agrarrohstoffe wie Weizen, Reis oder Mais abgesehen. Sie kaufen sie billig bei Bauern ein und wetten auf einen Preisanstieg. Das ist lukrativ, denn Lebensmittel werden wegen des zunehmenden Wohlstands und der wachsenden Weltbevölkerung immer knapper.

Dabei müsste vielerorts gar kein Mangel drohen. "Ein Drittel der global produzierten Lebensmittel, jährlich rund 1,3 Milliarden Tonnen, geht auf dem Weg vom Acker zum Verbraucher verloren oder wird verschwendet", sagt Jenny Gustavsson vom Schwedischen Institut für Lebensmittel- und Biotechnologie (SIK). Sie zählt zu den Autoren der Studie " Food Losses and Food Waste", die das SIK für die Welternährungsorganisation (FAO) erstellt hat. Würden Verluste durch einen sorgsameren Umgang mit Nahrung reduziert, könnten Hungersnöte eingedämmt werden.

Gleichzeitig ließe sich so der Klimawandel wohl zumindest abmildern.
"Grob geschätzt verursacht die Produktion eines Kilogramms Nahrung ein Kilogramm des gefährlichen Klimagases CO2", erklärt Gustavsson. Bei 1,3 Milliarden Tonnen Verlusten fallen demnach 1,3 Milliarden Tonnen CO2 an - immerhin mehr als vier Prozent der jährlichen globalen CO2-Emissionen. Die Ergebnisse der Studie stehen im Widerspruch zur bisherigen Ernährungspolitik der FAO. Bisher ignorierte die Uno-Organisation Klimaaspekte weitgehend. Bisher lautete die Prämisse, dass die weltweite Lebensmittelproduktion bis zum Jahr 2050 um 70 Prozent steigen müsse - um alle Menschen satt zu bekommen. Jetzt gelten freilich neue Ziele: "Angesichts weltweit knapper werdender Ressourcen ist es wirksamer, Lebensmittelverluste zu reduzieren als die Produktion zu erhöhen, sagt FAO-Agrarexperte Robert von Otterdijk.

Über die gesamte Lieferkette hinweg wird Nahrung verschwendet,
angefangen bei der landwirtschaftlichen Produktion bis hin zum Verbrauch im Privathaushalt. Das fanden die SIK-Forscher heraus, indem sie Daten zur Ernte, Lagerung, Produktion, Handel und Verbrauch von Lebensmitteln in insgesamt 151 Ländern in sieben Weltregionen sammelten und auf dieser Datenbasis die Nahrungsverluste hochrechneten. In den ärmeren Ländern Afrikas und Asiens liegt das Problem am Anfang dieser Wertschöpfungskette. Wegen Ernte- und Logistikfehlern gehen dort pro Kopf jährlich sechs bis elf Kilogramm Nahrung verloren. Bei Hitze werden Obst und Milch schlecht, wird Fleisch mit gefährlichen Keimen besiedelt und ungenießbar. Die wahren Klimasünder sind aber die Europäer und Nordamerikaner: 95 bis 115 Kilogramm werden in den Industriestaaten pro Person und Jahr einfach in den Abfall geworfen - obwohl sie noch für den Verzehr geeignet gewesen wären.

Forderungen zum sofortigen Umdenken kommen daher von höchster Stelle. "Die entwickelten Länder müssen sich im Kampf gegen Wegwerfmentalität und Energieverschwendung klare Ziele setzen", sagt Klaus Töpfer, Chef der von der deutschen Bundesregierung eingesetzten Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung. Die Industrie hat bereits neue Konzepte für Verpackungsmaschinen sowie "smarte" Verpackungen angekündigt. Doch das Versprechen wird sich nur schwer umsetzen lassen. Bauern in Nigeria müssen erst einmal überzeugt werden, dass sie ihre Rohstoffe besser am Ursprungsort verpacken als sie ungeschützt auf Reisen zu schicken. Und die westliche Sorglosigkeit ist noch schwerer zu bekämpfen: "Viele Verbraucher sehen das Mindesthaltbarkeitsdatum als Trennungsabsolution, obwohl viele Lebensmittel nach Ablauf noch frisch sind", erklärt der Konsumpsychologe Stephan Grünewald vom Markt- und Medienanalyse-Institut Rheingold in Köln.

Bei der Lösung des Problems sollen Zeit-Temperatur-Indikatoren mithelfen. Sie sollen jederzeit über den tatsächlichen Frischezustand des Produkts informieren. BASF bietet dazu zum Beispiel mit einer speziellen Pigmentfarbe versehene Etiketten an. Sie werden auf die Verpackung gedruckt. Wird der Inhalt ungenießbar, schlägt die Farbe um. Die US-Firma Sonoco wiederum entwickelt Verpackungen mit integrierten Mikrochips. Sie sammeln über Sensoren stetig Informationen über den Zustand eines Produkts, wie Feuchte und Temperatur zum Beispiel. Werden programmierte Schwellenwerte über- oder unterschritten, dann löst die Verpackung einen Alarm aus.

In Zukunft sollen Lebensmittelbehältnisse aber noch mehr leisten. Das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) in Freising forscht an Kunstoffen, die das Füllgut direkt beeinflussen. Sie sollen schädlichen Sauerstoff und Mikroben beseitigen - und so die Haltbarkeit und Qualität der Produkte verbessern.

In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern sind aber eher andere Techniken gefragt.
"Hier ist Hilfe zur Selbsthilfe nötig", sagt Forscherin Gustavsson. Konzernvertreter von Firmen wie Bosch reisen deswegen zum Beispiel mit mobilen Verpackungsmaschinen durch Indien - um Bauern die Vorteile verpackter Lebensmittel zu zeigen. Doch auch wenn sie ihre Ernte künftig besser schützen: Für den Klimaschutz ist entscheidend, dass der westliche Konsument weniger Essen wegwirft.

Quelle: Spiegel Online / SR