Mittwoch, 26. Oktober 2011

Wachstum muss Grenze finden



Angesichts bedrohlicher Umweltgefährdungen und wachsender ökonomischer Probleme sieht
Dennis L. Meadows , vor 40 Jahren bereits Verfasser der Studie «Grenzen des Wachstums», die dringende Notwendigkeit, mit Nachdruck einen Kurswechsel im Sinne der Nachhaltigkeit einzuschlagen.

Vor der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ äußerte sich der US-Ökonom am Montag, 24. Oktober 2011, jedoch pessimistisch, was die Chancen zur Umsetzung entsprechender Reformen angeht. Der fortschreitende Klimawandel, die Verknappung der Ressourcen oder der wachsende Gegensatz zwischen Arm und Reich lehrten, dass es für eine „nachhaltige Entwicklung eigentlich schon zu spät ist“. Der emeritierte Professor warf Politik wie Bürgern vor, vorwiegend an kurzfristigen Vorteilen statt an langfristigen Erfordernissen interessiert zu sein.

Der Ausschuss unter dem Vorsitz der SPD-Abgeordneten Daniela Kolbe wollte mit dem 69-jährigen Co-Autor der 1972 vom Club of Rome veröffentlichten Studie zu den „Grenzen des Wachstums“ über eben dieses Thema diskutieren. Das Gremium soll das rein ökonomisch und quantitativ ausgerichtete Bruttoinlandsprodukt als Messgröße für gesellschaftliches Wohlergehen weiterentwickeln und etwa um ökologische, soziale und kulturelle Kriterien ergänzen.

Letztlich soll die Arbeit der Kommission in die Definition dessen münden, was als qualitatives Wachstum gilt und wozu beispielsweise die Entkoppelung des Ressourcenverbrauchs von der Steigerung der Wirtschaftsleistung gehört. Meadows sagte massive Probleme auch ökonomischer Natur voraus, wenn es nicht zu einer Begrenzung des Wachstums komme. Dies werde nicht erst in ferner Zukunft, sondern in einem überschaubaren Zeitraum der Fall sein: „Bis 2030 wird es Veränderungen in einem Ausmaß geben wie insgesamt in den vergangenen hundert Jahren.“

Allein das weitere Anwachsen der Weltbevölkerung, so der Systemanalytiker, werde den Ressourcenverbrauch spürbar vergrößern. Schon die Expertise von 1972 habe prognostiziert, dass das Wachstum bis 2000/2010 zwar weiter voranschreiten werde. Doch danach werde die hinter dieser Entwicklung stehende Politik zu wirtschaftlichen Einbrüchen führen. Meadows warnte davor, bei dem Versuch, die ökologisch negativen Folgen des Wachstumskurses einzudämmen, zu sehr auf den natürlich notwendigen technischen Fortschritt zu setzen. So nehme trotz aller technologischer Effizienzsteigerungen der Kohlendioxidausstoß weiter zu. Auch der vorbildliche Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland habe diesen Trend nicht stoppen können.

Der Wissenschaftler sieht die zentrale Aufgabe darin, ein niedrigeres Niveau der Wirtschaftsleistung, das im ökologischen Interesse erforderlich ist, mit dem sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu verbinden. Meadows räumte im Übrigen ein, 1972 unterschätzt zu haben, in welchem Umfang der technische Fortschritt seither die Nahrungsmittelproduktion auszuweiten vermochte. Harte Kritik übte der US-Ökonom an der Politik, die nur den kurzfristigen Effekt und nicht langfristige Notwendigkeiten im Auge habe. Die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung verursachten nun mal zunächst Kosten ohne sichtbaren Nutzen, während sich die Vorteile eines solchen Kurswechsels erst später zeigten würden.

Meadows monierte, dass sich die Politik wissenschaftlichen Erkenntnissen etwa über die Gefahren für das Klima nicht im nötigen Maße öffne. Die Kritik von 1972 sei jedenfalls in der Politik folgenlos geblieben. Auch viele Bürger wollten heute keine Opfer im Interesse des langfristigen Nutzens bringen. Vom CDU-Abgeordneten Matthias Zimmer wurde Meadows gefragt, ob er angesichts der Widerstände in der Politik ein autoritäres Regierungssystem etablieren wolle, um ökologische Notwendigkeiten durchsetzen zu können. „Ich liebe die Demokratie“, antwortete der Wissenschaftlicher.

Niemand könne jedoch voraussagen, welche politischen Systeme sich in Zukunft herausbilden würden. Letztlich werde die gesellschaftliche Entwicklung von objektiven Faktoren bestimmt, erklärte Meadows. So werde das Ende der Ölvorkommen in Saudi-Arabien eines Tages sowohl die dortige Monarchie als Exporteur wie die westlichen Demokratien als Importeure treffen. (kos)

Quelle: Deutscher Bundestag

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