Donnerstag, 17. November 2011

Fortschritt ist grün oder gar nicht

Das UN-Umweltprogramm Unep zeigt Chancen des ökologischen Umbaus auf - sozial und wirtschaftlich. Mit "kluger Politik" könne der Planet im Gleichgewicht bleiben, meint Unep. Noch aber werden fossile Energien mit 500 Milliarden Dollar jährlich subventioniert.

Das UN-Umweltprogramm (Unep) gibt einen optimistischen Ausblick: Ein ökologischer Umbau der Weltwirtschaft ist kein Killer für Wachstum und Wohlstand. "Green Economy", das grüne Wirtschaften, kann das globale Bruttosozialprodukt sogar erhöhen und unter dem Strich viele Millionen zusätzlicher Jobs schaffen. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Unep am Mittwoch in Peking vorgestellt hat. Mehrere hundert Experten haben drei Jahre lang an dem Report gearbeitet. "Green Economy" soll eines der Hauptthemen beim 20-jährigen Jubiläum des UN-Erdgipfels in Rio sein, das im Juni 2012 in der brasilianischen Metropole begangen wird.

Grün und öko: Windräder. (Foto: Nordex)

Die von dem Deutschen Achim Steiner geleitete Unep mit Sitz in Nairobi zeichnet trotz der aktuellen Schlagzeilen über den auf Rekordniveau gestiegenen globalen Treibhausgas-Ausstoß ein positives Bild. Sie verweist darauf, dass bereits eine ganze Reihe Staaten zumindest teilweise auf "grüne" Strategien setzt – "von China bis Barbados, von Brasilien bis Südafrika".

Ein Beispiel aus Brasilien: Dort wurden in einem Programm 500.000 Häuser mit solaren Heizsystemen ausgerüstet,was 30.000 Jobs entstehen ließ. Beispiel Südafrika: Hier fanden 25.000 Menschen Arbeit in einem Großprojekt zur Sanierung von Trinkwasser-Quellen. Auch Deutschland punktet in dem Unep-Report, weil es bis 2020 den im Vergleich sehr hohen Anteil von 35 Prozent Ökostrom erreichen will.

Unep empfiehlt gezielte Öko-Investitionen in zehn Kernbereichen der Wirtschaft, darunter Energie, Hausbau, Verkehr, Landwirtschaft, Abfall und Tourismus. Zwei Prozent des globalen Sozialprodukts würden danach ausreichen, "um die globale Ökonomie auf einen nachhaltigeren Pfad zu bringen", heißt es in dem Bericht.

Allerdings räumt Unep ein, dass es bei diesem Kurswechsel auch Verlierer gibt. So wird geschätzt, dass in China bei einer forcierten Umstellung auf Ökostrom rund 800.000 Arbeitsplätze in Kohlekraftwerken verloren gehen würden. Allerdings entstünden dann bis 2020 alleine in der Windkraft-Industrie rund 2,5 Millionen neue Jobs. Die Netto-Bilanz sei eindeutig positiv, heißt es bei Unep.

China ist zwar inzwischen zum Ober-Einheizer des Planeten avanciert, verantwortlich für mehr als 20 Prozent des CO2- Ausstoßes. Gleichzeitig unternimmt das Land aber große Anstrengungen, auf eine ressourcensparendere Wirtschaft mit einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien umzustellen. Peking ist laut Unep inzwischen der weltweit führende Öko-Investor, der in den nächsten fünf Jahren umgerechnet 350 Milliarden Euro für erneuerbare Energien, saubere Technologien und Abfall-Management ausgeben will.

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon kommentierte: "Der Report entlarvt den Mythos, dass Wirtschaft und Umwelt Gegensätze sind." Mit kluger Politik könnten die Regierungen die Weltwirtschaft so wachsen lassen, "dass der ökologische Fußabdruck der Menschheit die Tragekapazität des Planeten nicht überschreitet".

Ban Ki-Moon 2007 auf Staatsbesuch im brasilianischen Regenwald: irgendwo im Grünen. (Foto: Eskinder Debebe/UN Photo)

Ein Selbstläufer wird der Öko-Umbau der Ökonomie freilich nicht. Unep-Chef Steiner forderte einen "neuen Wohlstandsindikator", der über das Bruttosozialprodukt hinausgeht und den Wert der Natur-Ressourcen in die Kalkulation einbringt. Erst kürzlich hatte der oberste UN-Umweltexperte bei einem Auftritt in Berlin gefordert, die Regierungen müssten die Subventionen streichen, die in Gewinnung und Nutzung der fossilen Energien fließen - "eine Absurdität unseres Wirtschaftssystems". Weltweit seien das mehr als 500 Milliarden US-Dollar jährlich. Die vor allem in Entwicklungsländern gewährten Subventionen für Erdölprodukte förderten Umweltzerstörung und verzögerten Investitionen in klimaschonende Technologien. Steiner sagte denn auch: "Wir haben Unmengen Möglichkeiten - wenn es gelingt, die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik zu mobilisieren."

Quelle: klimaretterinfo.org / Joachim Wille

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